Liebe Paten, Freunde und Sponsoren der KJHR!
Wir, Britta und Mario Kehl, hatten die Gelegenheit, in der Zeit vom 13.07. – 02.08.22 zum ersten Mal Ruanda zu besuchen. Wir haben diese Reise nicht von langer Hand geplant, sondern uns nach einem Treffen mit Sonja und Egide in Berlin spontan entschlossen, uns direkt vor Ort über die Projekte zu informieren, denn wir wollen in Zukunft in der KJHR aktiv mitarbeiten. Und dafür hielten wir es für wichtig, uns am besten einen Eindruck vor Ort zu verschaffen. Kurz zusammengefasst: Es war eine unglaublich schöne und ereignisreiche Reise. Alle Highlights hier aufzuführen, würde den Rahmen sprengen. Da wir vorher noch nie in Afrika waren und weder die Kultur noch die Lebensbedingungen wirklich kannten, fielen wir emotional von einer Situation in die nächste.
Unser 1. Besuch galt dem Genozid Memorial in Kigali. Es gibt keine Worte dafür, was es mit Einem macht, der diese Ausstellung gesehen hat. Kein Mensch geht ohne Tränen aus dieser Ausstellung, vor allem aus dem „Kinderzimmer“, in welchem Bilder von ermordeten Kleinkindern aufgehängt sind, raus.
Die Zukunft Ruandas haben wir bei der Graduation Ceremony der Abschlussklasse der Happy Kids School in Nyamvumwu gesehen. Das Programm, welches die Lehrer mit den Schülern einstudiert hatten, die Auftritte der Elternschaft, all das war wundervoll und bewegend. Die Schule an sich, die durch die KJHR mit Unterstützung der Sponsoren und Paten auf die Beine gestellt wurde, ist einfach großartig. Wir haben auch andere Schulen besucht und können sagen, „unsere“ Schule ist beispielhaft.
Auf unserer Fahrt durchs Land, bei den Besuchen der Dörfer, in denen die Patenkinder der KJHR leben, sind sofort, wenn wir unser Auto verließen, 20- 30 Kinder mit uns mitgelaufen. Und immer (solange wir Sachen hatten) haben wir T-Shirts und andere Bekleidung an die um uns herumstehenden Kinder und Erwachsenen verteilt. Und es reichte hinten und vorne nicht.
Was uns ebenfalls sehr beeindruckt hat, war die Art der Fortbewegung. Da es in Ruanda keinen ausgebauten ÖPNV gibt, bewegen sich die Menschen sehr viel zu Fuß, per Mototaxi, mit dem Fahrrad und per hoffnungslos überfüllten Public Busses fort. Ich kann jetzt schreiben, dass ich den Autoverkehr als sehr entspannt empfunden habe. Dem war auch so. Der Grund aber liegt darin, dass es nicht so viele Autos gibt, weil sich die meisten Menschen ja kein Auto leisten können, weswegen sie – wie oben beschrieben – unterwegs sind.
Was uns besonders auffiel, war die Geschwindigkeit des Lebens. Beispielhaft sei hier mal die Landwirtschaft aufgeführt. Da die Menschen, die von der Landwirtschaft leben, in den meisten Fällen alleine arbeiten und aufgrund der geographischen Gegebenheiten landwirtschaftliche Maschinen (wir haben keine Einzige gesehen) nicht vorhanden sind, muss alles von Hand bearbeitet werden. Somit geht alles etwas langsamer und die Produktivität ist infolgedessen nicht sehr hoch. Die aber absolut härteste Tätigkeit, die wir in Ruanda gesehen haben, war die der Männer, die ihre Fahrräder mit unglaublichen Lasten kilometerweit die Berge hochschoben.
Unsere Reise wäre unvollständig geblieben, hätten wir nicht die Gelegenheit gehabt, auch unsere Patenkinder zu Hause zu besuchen. Zuerst besuchten wir Emmanuel. Er lebt zusammen mit seiner Mama und seinen 2 älteren Geschwistern in einer Lehmhütte. Diese wurde gemeinsam mit anderen Dorfbewohnern errichtet, nachdem ihr vorheriges Haus in der Regenzeit zerstört worden war. Ihr neues Zuhause ist etwa 15 m² groß (2 sehr kleine Räume, eine Bank, eine Matratze, draußen eine Kochstelle aus Steinen). Dem Haus fehlt die 2. Lehmschicht und ein Zementverputz, damit es in der nächsten Regenzeit nicht wieder einstürzt. Für uns war klar: Das darf nicht passieren. Wir besprachen uns mit Egide und Sonja, und beschlossen, den Ausbau und die Erweiterung des Hauses zu finanzieren. Noch während unseres Aufenthaltes wurde mit dem Bau begonnen, und an unserem letzten Tag konnten wir den Baufortschritt vor Ort beobachten. Dabei wurden wir von dem einzigen Starkregen während unserer Reise überrascht. So konnten wir auch leibhaftig miterleben, was so ein Regen in der Regenzeit bedeuten kann. Insgesamt war es sehr lustig, denn wir hatten bis dahin echt nicht gewusst, wie viele Menschen so ein Häuschen fasst. Mit ca. 10 Erwachsenen befanden sich auch ca. 40 Kinder im Haus, und während der Starkregen auf das Wellblechdach prasselte, fingen die Kinder plötzlich an zu singen. Gott, war das schön!
Nach unserem 1. Besuch bei Emmanuel fuhren und liefen wir (die Wege zu den Häusern sind eine echte Herausforderung) zum Haus der Familie von Cynthia. Ihr Haus ist wesentlich größer, und die Familie besitzt eine Kuh und ein Kälbchen. Der Boden ist nur aus Lehm. Da durch Spenden für alle Familien der neuen Happy Kids-Klasse (wozu auch Emmanuel und Cynthia gehören) neue Matratzen gekauft werden sollten, hatten wir uns entschlossen, der Familie ein Bettgestell (65 €) zur Verfügung zu stellen. Der Auftrag erging an einen örtlichen Tischler und das Bett wurde noch während unserer Zeit in Ruanda geliefert.
Unser 3.“Patenkind“ Jean Claude ist bereits 22 Jahre alt. Er wartet bereits 4 Jahre darauf, studieren zu können. Nun endlich beginnt er im September sein Studium an der Mount Kenia Universität. Auch ihn haben wir zu Hause besucht. Sein zurückgenommenes Auftreten, sein fester Wille und die spürbare Dankbarkeit haben uns zutiefst gerührt.
Natürlich waren wir auch touristisch unterwegs. Das absolute Highlight war der Akagera Nationalpark. Wir haben SIE Alle gesehen, angefangen von Affen, Nilpferden, Antilopen über Löwen, Zebras, wunderschöne Vögel bis zu Krokodilen, Giraffen und Elefanten. Nur die Nashörner blieben uns verwehrt. Sehr eindrucksvoll ist auch die Landschaft um den Virunga-Nationalpark herum mit seinen majestätischen Vulkanen.
Abschließend noch ein paar allgemeine Anmerkungen. Ruanda, ein Land, in welchem ein großer Teil der Bevölkerung immer noch in absoluter Armut lebt, hat uns mit der Lebensfreude seiner Menschen, vor allem der der Kinder, wahnsinnig beeindruckt.
Wer sich mit der Geschichte Ruandas beschäftigt, weiß, wie kompliziert die Lebensbedingungen schon vor dem Genozid 1994 waren. Was die Menschen in der Zeit nach 1994 geschafft haben, ist unglaublich und nötigt uns den höchsten Respekt ab. Da unser Hauptaugenmerk auf den Kindern liegt, interessierte uns am meisten, wie sich das Bildungssystem entwickelt. In den letzten 28 Jahren ist sehr viel geschehen, um den Kindern eine Schulbildung, Ausbildung oder auch ein Studium zu ermöglichen. Aber es gibt noch wahnsinnig viel zu tun. Und ohne jetzt pathetisch zu werden: Wir möchten gerne dabei mitwirken, dass sich das Projekt in Nyamvumwu erfolgreich weiterentwickelt.
Zu guter Letzt möchten wir uns bei Egide und Sonja ganz herzlich bedanken. Ohne die Führung unserer Reise durch die Beiden wäre es „nur“ eine Urlaubsreise gewesen.
Mit ihnen wurde das Ganze zu einem unvergesslichen Erlebnis, bei dem uns die Erlebnisse jeden Tags einfach emotional umgehauen haben. Beide haben uns mit ihrer Freundlichkeit, mit ihren Erzählungen über das Projekt, die Kinder, über das Leben in Ruanda, darüber, was man tunlichst unterlassen sollte oder was man unbedingt tun sollte, so viel beigebracht. Was wir auf dieser Reise gelernt haben, boah, lässt sich kaum in Worte fassen, womit ich wieder am Anfang des Berichtes wäre. Danke, liebe Sonja, Danke, lieber Egide, für alles, was wir mit euch erleben durften. Es war uns eine große Freude und Ehre.